Ü9-1: Pythagoras und Inkommensurabilität

Der geometrische Lehrsatz von Pythagoras lautet: Wenn drei Punkte a, b, c ein Dreieck und die Strecken \overline{ac} und \overline{bc} einen rechten Winkel bilden, sind die Längen \overline{ab}, \overline{ac}\overline{bc} wie folgt verbunden:

\overline{ac}^2\overline{bc}^2 = \overline{ab}^2.(1)

Durch Rechnung lässt sich das Quadrat bei \overline{ab}^2 eliminieren:

\overline{ab} = \sqrt[2]{\overline{ac}^2 + \overline{bc}^2}.(2)

Die Gleichung (1) lässt sich mit einigen natürlichen Zahlen lösen. Z.B. 32 + 42 = 52, 32 = 9, 42 = 16, 52 = 25 und damit 9 + 16 = 25. Meistens führt aber der Ausdruck \sqrt[2]{\overline{ac}^2 + \overline{bc}^2} zu einer Zahl \overline{ab}, die weder eine natürliche noch eine rationale Zahl ist. Eine rationale Zahl lässt sich durch einen Bruch aus zwei natürlichen Zahlen darstellen: \overline{ab} = n/m. Wenn z.B. \overline{ac} die Zahl 1 und \overline{bc} die Zahl 1 ist, dann ist \overline{ab} = \sqrt[2]{1 + 1} = \sqrt[2]{2} eine irrationale Zahl. Die Zahl \sqrt[2]{2} lässt sich nicht durch einen Bruch n/m von natürlichen Zahlen darstellen.

Dies bedeutet in der Praxis, dass sich die Länge der Strecke \overline{ab} meistens nicht durch die beiden Längen der Strecken \overline{ac} und \overline{bc} völlig präzise berechnen lässt. \overline{ab} kann nicht ganz genau mit den Strecken \overline{ac} und \overline{bc} verglichen werden; \overline{ab} ist mit \overline{ac} und \overline{bc} nicht kommensurabel. D.h. \overline{ab} und \overline{ac} (und auch \overline{ab} und \overline{bc}) sind inkommensurabel. Diese Beziehung findet man in fast allen naturwissenschaftlichen Hypothesen in den Theorien wieder.

a) Zeichnen Sie in einer Ebene drei Punkte a, b, c auf, die ein Dreieck bilden, so dass die Strecke zwischen a und c und die Strecke zwischen b und c einen rechten Winkel bilden. Stellen Sie diese Punkte durch Paare von reellen Zahlen dar, x = 〈 ua, va 〉, y = 〈 ub, vb 〉, z = 〈 uc, vc 〉. Beschreiben Sie die Länge der Strecke zwischen x und y durch den Abstand d ( x, y ) zwischen | 〈 ua, va 〉 – 〈 ub, vb 〉 | (siehe Ü8-9) und verfahren Sie mit den Punkten x und z und den Punkten y und z genauso.

b) Berechnen Sie den Abstand d ( x, y ) mit Hilfe der Gleichung (2) und den Abständen d ( x, z ) und d ( y, z ).

c) Konsultieren Sie ein Lehrbuch für Wahrscheinlichkeitstheorie und lesen Sie die Definition eines Produkts von Wahrscheinlichkeitsräumen. In dieser Definition finden Sie Gleichungen der Formen (1) und (2) oben, wobei die Punkte durch Paare oder n-Tupel dargestellt werden. Statt in einem Lehrbuch können Sie diese Definitionen auch auf Wikipedia finden.

d) Versuchen Sie in einem Lehrbuch über Quantenmechanik Gleichungen der Formen (1) und (2) oben zu finden.